Abschnitte:

bulletWeiteres zum Sachstand
bulletQualität des Unterrichts
bulletIslamischer RU im öffentlichen Raum
bulletKorankurse
bulletFreiwilligkeit von RU
bulletRU und muttersprachlicher Unterricht
bulletChancen eines islamischen RU

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Islamischer

Religionsunterricht:

Stand der Diskussion zur Einführung an den Schulen in Baden-Württemberg

 

Die Bemühungen auf Seiten der Muslime zur Einführung von islamischem Religionsunterricht an den Schulen in Baden-Württemberg haben eine reale Chance zur Verwirklichung erreicht. Erstmals ist ein parteiübergreifender politischer Wille da, um islamischen Religionsunterricht einzurichten.

In Anbetracht der Tatsache, dass die in den letzten Jahrzehnten entstandene multikulturelle Gesellschaft eine nicht mehr umkehrbare und im allgemeinen positive Entwicklung darstellt, sind die Stimmen unüberhörbar geworden, die mehr Einsatz für Integration verlangen. Man hat eingesehen und die Situation überdacht, dass die Menschen mit ihrer religiösen Identität zu integrieren sind und nicht dass sie sich selbst aufzugeben haben.

Gegenseitiger Respekt und Akzeptanz ist ein Schritt um der interkulturellen Dimension und der interkulturellen Verständigung Rechnung zu tragen. Integration heißt darum sich mit der jeweilig eigenen Identität, zu der die Religion gehört, in die Gesellschaft einzugliedern. Die Einführung von islamischem Religionsunterricht im Interesse der Integration muslimischer Kinder und Jugendliche ist dabei eine Notwendigkeit.

Religiöse Erfahrungen und die Auseinandersetzung mit dem Glauben sind für junge Menschen eine wichtige Voraussetzung für das Erwachsenwerden und das Zurechtfinden in unserer Gesellschaft. Wenn Religion wirklich ein zentraler Bestandteil des Erziehungsauftrags sein soll, wie es in den Schulgesetzen verankert ist, können diese Grundsätze nicht nur für Kinder christlichen Glaubens gelten. Kinder muslimischen Glaubens haben in gleicher Weise Anspruch auf Religionsunterricht.

Da hierzulande Rechtsstaatlichkeit und Demokratie herrschen, verwiesen die Parteien mit solcherlei Argumenten auf die Ungleichbehandlung christlicher und muslimischer Kinder, denen ihr Recht vorbehalten wird. In ihrer Stellungnahme vom 3. September 1999 schreibt das Kultusministerium nun:

„Wie die christlichen Religionsgemeinschaften haben Muslime den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Einrichtung islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach."

Das Kultusministerium in Baden-Württemberg hat daraufhin Maßnahmen eingeleitet. Arbeitsgruppen wurden gebildet aus sachkundigen Vertretern der antragsstellenden muslimischen Organisationen und sachkundigen Vertretern aus Schule und Hochschule, Islamwissenschaft, Pädagogik und Religionspädagogik. Dort sollen Unterrichtseinheiten mit dem Ziel eines späteren Lehrplans gemeinsam erarbeitet werden, die Qualifizierung der einzusetzenden Lehrkräfte durchgeführt sowie einen Studienplan für einen einzurichtenden Studiengang „Islamische Religionslehre" vorbereitet werden.

Als weiteres soll die Einrichtung von Pilotprojekten folgen.

Für die einzusetzenden Lehrkräfte besteht die Voraussetzung, dass sie die Ausbildung an einer hiesigen pädagogischen Hochschule absolviert haben und muslimischen Glaubens sind.

 

Weiteres zum Sachstand:

Islamischer Religionsunterricht kann mit Aussicht auf Erfolg nur im Sinne eines ordentlichen Lehrfaches eingerichtet werden (vgl. Artikel 7 Abs. 3GG). Voraussetzungen eines ordentlichen Lehrfaches sind: Ein solcher Unterricht ist in deutscher Sprache nach ordnungsgemäß genehmigten Lehrplänen von Lehrkräften zu unterrichten, die dafür ausgebildet sind und die der Schulaufsicht unterliegen. Die Inhalte sind - in Analogie zum christlichen Religionsunterricht - in Übereinstimmung mit den Glaubensgrundsätzen des Islam und unter Mitwirkung dieser Religionsgemeinschaft zu formulieren.

 

Qualität des Unterrichts:

Wie der christliche Religionsunterricht (der evangelische und katholische) soll islamischer RU seinen Ort und seine spezifische Aufgabe im Rahmen des allgemeinen Bildungsauftrags der Schule haben. Er muss mit Blick auf Inhalte und Methoden ähnlich hohen Qualitätsanforderungen genügen wie die anderen Fächer im Fächerkanon der Schule.

Islamischer Religionsunterricht soll und kann (wie der christliche RU) kein abgegrenzter Bezirk innerhalb der Schule sein. Der isl. RU soll sich an fächerübergreifenden Themen und Projekten beteiligen und seinen spezifischen Beitrag dazu leisten.

Für die Religionslehrerinnen und -lehrer ist es im Prinzip richtig und wichtig, dass sie noch andere Fächer unterrichten.

 

Islamischer RU im öffentlichen Raum:

Ein wesentliches Argument für die Einführung von isl. RU ist, um fundamentalistischen Umtrieben entgegenzuwirken, die der Gesellschaft zuwiderlaufen könnten. Das liegt in unser aller Interesse. Besonders da isl. RU im öffentlichen Raum angesiedelt und für jeden einsehbar stattfinden soll, schafft er Transparenz. Isl. RU wird nicht nur den Radikalen den Boden entziehen, die Aufklärung in der eigenen Religion hilft in jeder Hinsicht. Viele Menschen kennen ihre Religion nur vom Hörensagen, verwechseln Sitten und Traditionen mit Religion und kennen kein Maß, wenn es um religiöse Dinge geht.

Das Bildungsniveau über die eigenen Religion der muslimischen Bevölkerung wird durch einen qualifizierten RU automatisch ansteigen.

 

Korankurse:

RU an den Schulen wird keineswegs die Korankurse der Moscheevereine überflüssig machen. Deren Aufgabe und Angebot des Einübens der arabischen Schrift und dem Lesenlernen des Korans, sowie Gebets- und Religionspraxis kann und soll isl. RU an der Schule nach unseren Vorstellungen nicht übernehmen. Isl. RU an den Schulen kann zwar eine gewisse Einführung beinhalten. Die zwei Unterrichtsstunden in der Woche sollen jedoch der Platz sein, wo Glaubensinhalte und Grundlagen des Islam kindgerecht vorgestellt und mit den Kindern erarbeitet werden sollen.

Über den isl. RU wird und soll sich die Zusammenarbeit von lokalen Moscheegemeinden mit der Schule entwickeln und wie wir meinen eine positive Befruchtung auf beiden Seiten bewirken.

 

Freiwilligkeit von RU:

Islamischer RU ist wie kath. und ev. RU freiwillig. Das heißt, dass die Eltern ihre Kinder zum islamischen Religionsunterricht an- und abmelden können.

 

RU und muttersprachlicher Unterricht:

Verwirrung in der Diskussion um isl. RU bringt immer wieder die Vermengung mit muttersprachlichem Unterricht. Isl. RU tangiert in keiner Weise den konsularischen muttersprachlichen Unterricht. Dort soll zwar wie behauptet ebenfalls religiöse Unterweisung stattfinden. Und man argumentiert, man bräuchte deshalb keinen isl. RU. Von Inhalt und Lehrstoff bestehen jedoch ganz andere Zielsetzungen. Diese liegen beim Muttersprachenunterricht in der Sprachvermittlung, der Landeskunde sowie der Vermittlung von nationaler Kultur und Verbundenheit. Dagegen findet im Religionsunterricht die bekenntnisgebundene Vermittlung und Lehre von Religion und Glaube statt.

Die Lehrerqualifikation ist ebenfalls eine ganz andere wie auch der Status der Fächer.

Religionsunterricht als versetzungserhebliches Lehrfach ist rechtlich verankert, nicht wie der freiwillige konsularische Muttersprachenunterricht.

Die Etablierung eines isl. RU als ordentliches versetzungsrelevantes Lehrfach ist ein Status, der die Akzeptanz der islamischen Religion allgemein in der hiesigen Gesellschaft anheben wird, und der für das harmonische Miteinander, für das gegenseitige Verständnis stehen wird.

Islam - akzeptiert in der Gesellschaft - ist es dieser Gedanke, den besagte Kreise nicht ertragen können?

Zum anderen: zwei Unterrichtstunden in der Woche mehr an qualifiziertem Angebot und Unterricht. Wem schadet das? Keinesfalls den Kindern.

 

Chancen eines islamischen RU:

Die Jugend braucht Orientierung und Werte. Die Vermittlung von Werten aber ist für die auf sich gestellten muslimischen Familien nur begrenzt möglich. Und die islamischen Vereine und Moscheegemeinden sind von ihrer personellen und finanziellen Kapazität her nicht in der Lage breitflächig Abhilfe zu schaffen.

Wenn solide, ethisch-moralische Wertvorstellungen und Grundlagen fehlen, die für die Integration unentbehrlich sind, bleiben die Jugendlichen anfällig für jedes Extrem und Konflikte sind vorprogrammiert.

Im Islam stehen Frieden, Harmonie in der Gesellschaft und Gemeinschaft im Vordergrund. Gewalt und Extremismus jeder Art lehnt der Islam ab. Islam ist nichts anderes als Güte, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Liebe und Respekt. Seine Richtlinien sind eindeutig und fern von Beliebigkeit.

Die Chancen eines islamischen Religionsunterrichts liegen darin, das Bewusstsein dieser jungen Menschen sinnvoll mit Werten, wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Mitmenschlichkeit und Orientierung in Bezug auf Gott zu füllen, für eine verantwortungsvolles Leben in dieser Gesellschaft.

Ein Stück Identität bei Kindern bildet sich immer auch über das Umfeld, wie sie vom Umfeld gesehen werden, wie die Reflexion des Umfeldes ist. Unsere Kinder wachsen in einer deutschen Umgebung auf. Ihr Alltag, die Schule, später ihr Beruf wird deutsch sein.

Wenn von dort nur Übles, Schlechtes und Vorurteile kommen, wenn es um ihre Religion geht, bildet das die Gefahr, dass sie das übernehmen.

Wenn sie nun von ihrem deutschen Umfeld, in der gleichen Sprache, mit Positivem und mit positiven Werten ihr „Muslimsein" erfahren und füllen können, führt es auch zu einer positiven Identität und positiven Verhältnis zur hiesigen Gesellschaft. So kann für die Integration der Heranwachsenden der Islamunterricht eine große konstruktive Rolle spielen.

Islamunterricht in Deutsch bedeutet aber auch eine Brücke zur muslimischen Kultur und zu muslimisch geprägten Ländern und Regionen. Er kann so in unserem globalen Dorf einiges zum Dialog und zur Verständigung beitragen.

 
RED. Transparenz
für die RG des Islam LV BaWü (e.V.)

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